Reinhold Beckmann, geboren am 23.02.1956 in Twistringen, studierte nach seinem Zivildienst in einer Jugendeinrichtung und seiner Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker Germanistik, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften. Seine ersten Erfahrungen machte er beim WDR und NDR mit Dokumentar-, Kultur- und Musikbeiträgen, bevor er durch seine Sportsendungen „ran“ und „ranissimo“ (SAT.1) dem Fernsehpublikum näher bekannt wurde. 1993 stieg Beckmann bei SAT.1 zum Programmdirektor auf. Seit 1999 arbeitet der Sportkommentator, Journalist und Produzent Beckmann wieder für das öffentlich-rechtliche Fernsehen und erhielt mehrere internationale Fernsehpreise. 2008 bekam er das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Auch die Musik gehört zu seinen Leidenschaften: Das erste Album von Reinhold Beckmann erschien im Jahre 2014 unter dem Titel „bei allem sowieso vielleicht“, 2018 folgte „FREISPIEL“, und im März 2021 wurde nun seine dritte CD „Haltbar bis Ende“ veröffentlicht.
Sehr geehrter Herr Beckmann, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für unsere Fragen nehmen.
Sie haben zusammen mit Freunden den Verein NestWerk e.V. gegründet. Dieser Verein bietet Kindern und Jugendlichen aus benachteiligten Stadtteilen in Hamburg kostenlose Sport-, Freizeit- sowie Bildungsangebote, damit sie eine sinnvolle Beschäftigung haben und Perspektiven erkennen. Was waren Ihre Beweggründe, diesen Verein ins Leben zu rufen und sich genau dieser Zielgruppe anzunehmen?
Den Draht zur Jugendarbeit hatte ich schon lange vor meinen Fernsehzeiten in den 70er-Jahren als Zivi in einer Jugendbildungsstätte. NestWerk haben wir dann vor 22 Jahren gegründet, mit der Idee, den Mädchen und Jungs eine Alternative zum Abhängen auf der Straße zu bieten. Wir haben deshalb am Wochenende die Turnhallen geöffnet, vorzugsweise abends. Die Jugendlichen haben ihre eigene Musik mitgebracht, sie konnten Basketball und Fußball spielen, und ganz nebenbei haben unsere Pädagogen versucht, ein respektvolles Miteinander zu vermitteln. Hamburg ist ja nicht nur Blankenese, die Chancen sind auch hier in der Hansestadt ziemlich ungleich verteilt. Seit 2015 leisten wir neben den offenen Angeboten auch viel Integrationsarbeit, keine leichte Herausforderung.
Sie widmen sich offensichtlich sehr vielen verschiedenen Dingen, wie zum Beispiel Projekten vor und hinter der Kamera oder auch dem Musikmachen. Gibt es etwas, dem Sie gern mehr Zeit schenken würden, als Sie es aktuell tun?
Darauf hätte ich viele Jahre lang „mehr Musik machen“ geantwortet. Meine Gitarren und ich zwinkern uns täglich zu, hey, wir haben es mittlerweile geschafft! Ansonsten: Mehr reisen, mal eine lange Fahrradreise, das ist noch eine Sehnsucht. Eine Freundin von mir ist einfach losgefahren – von ihrem Zuhause bis nach Hanoi. Kleines Gepäck und schauen, was jeder Tag so bringt, der Gedanke reizt mich sehr.
Haben Sie eine Vision von Ihrem Lebensabend? Bleiben Sie da weiter so engagiert oder soll er ruhiger werden?
Wenn ich wüsste, wann er beginnt, der Lebensabend … Das Rentenalter habe ich immerhin dieses Jahr schon erreicht. Manchmal spüre ich so ein kleines Aufflackern, dass das „Raus-aus-der-Stadt-und-zurück-aufs-Land“ ein Thema sein könnte, irgendwann.
Wenn Sie etwas an dem gesellschaftlichen Denken und Verhalten ändern könnten, womit würden Sie anfangen wollen?
Ich wünsche mir eine neue Toleranz anstelle dieses unerbittlichen Entweder-oder. Wir müssen wieder lernen, einander mehr zuzuhören – und nicht immer gleich das eigene Weltbild nachzeichnen. Raus aus den täglichen Schützengräben der Kommunikation.
Haben Sie ein Lebensmotto?
„Es kann die Ehre dieser Welt
Dir keine Ehre geben,
Was Dich in Wahrheit hebt und hält
Muss in dir selber leben.“
(Theodor Fontane)
Hätte nie gedacht, dass ich mal den alten Fontane zitiere – mein damaliger Deutschlehrer war kein vergnüglicher Literaturvermittler.
Vielen Dank für das Interview!