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Kinderlähmung

Poliomyelitis – eine ausgestorbene Krankheit?

Viele Menschen erinnern sich möglicherweise heute gar nicht mehr an diese schwere, häufig lebensbedrohliche Krankheit: Poliomyelitis (kurz: ‚Polio‘), eine akut auftretende Viruserkrankung, die Fieber, Halsschmerzen, Kopfweh und Erbrechen auslöst. Bei den meisten Patienten:innen klingen die Symptome ohne Folgeerscheinungen ab. Bei etwa 0,1 % aller Infektionen werden die Nervenzellen des Rückenmarkes und/oder des Hirnes vom Virus direkt befallen, wodurch oftmals Lähmungserscheinungen der Extremitäten verursacht werden. In besonders schweren Fällen kommt es zu einer lebensbedrohlichen Lähmung der Atemfunktion.

Polio in der historischen Entwicklung

Die Viruserkrankung trat bereits in der Antike vereinzelt auf, große Epidemien wurden jedoch erst seit Ende des 19. Jahrhunderts dokumentiert. In den 50er- und 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelten sich weltweit Epidemien von bedrohlichem Ausmaß. In Deutschland gab es viele kleinere und große Epidemien – die letzten großen wurden 1952/53 mit über 15.000 paralytischen (Lähmungs-)Fällen verzeichnet, und 1960/61 waren es knapp 9000 gemeldete Fälle. Die Entwicklung von Polioepidemien wird mit den verbesserten wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnissen in den Industrieländern erklärt. Zuvor war die Polioinfektion endemisch verbreitet, wie auch heute in Bevölkerungen und Ländern mit schlechten hygienischen Bedingungen, in denen fast alle Kinder bis zum Alter von ca. fünf Jahren Antikörper gegen Polioviren entwickeln. Wenn im Zuge fortschreitender Hygienisierung dann immer weniger Kinder auf diese Weise immunisiert werden, kann es unter der nicht geimpften Bevölkerung – insbesondere unter Kindern – zu epidemieartigen Ausbrüchen der Krankheit kommen.

Der Kampf um eine Welt frei von Polio

Generell ist es ein Riesenerfolg der Anstrengungen zur Ausrottung dieser Erkrankung, dass es in der Geschichte der Menschheit dank zahlreicher weltweiter Initiativen noch nie so wenige Menschen gegeben hat, die sich mit Polio angesteckt haben. Laut Robert Koch-Institut (RKI) ist die Zahl der mit dem Polio-Wildvirus Infizierten seit 1988 um 99,9 % zurückgegangen. Durch Impfkampagnen konnten weltweit mehr als 19 Millionen Menschen vor einer Lähmung und mindestens 1,5 Millionen Menschen vor dem Tod durch Polio bewahrt werden. Europa gilt seit dem Jahr 2002 als frei von Kinderlähmung. Im August 2020 wurde zudem der afrikanische Kontinent von der WHO für poliofrei erklärt.

Aufgaben und Ziele des Bundesverbandes Poliomyelitis e. V.

Der Vorstand des Bundesverbandes Polio e.V.

Doch auch wenn das Poliovirus weltweit so gut wie ausgerottet ist, besteht weiterhin die Gefahr neuer Infektionen. Nachlässigkeit beim Impfschutz kann zur Wiedereinschleppung der Erreger und zum erneuten Ausbruch der Krankheit führen. Nur eine Impfquote von mehr als 95 % kann eine Ausbreitung des Virus und somit größere Ausbrüche verhindern. Der Bundesverband Poliomyelitis e. V. setzt sich deshalb unermüdlich dafür ein, immer wieder auf die Notwendigkeit der Polioimpfung hinzuweisen.

Der Bundesverband ist mit seinen fast 3000 Mitgliedern die stärkste Interessenvertretung der ca. 60.000 Menschen, die in Deutschland mit den Spätfolgen einer Poliomyelitis leben. Denn Jahre bis Jahrzehnte nach der ersten Erkrankung führt das sogenannte Post-Polio-Syndrom (PPS) bei vielen Betroffenen zu einer erneuten Verschlechterung ihres allgemeinen Gesundheitszustandes mit Schwäche, Abnahme der Muskelmasse, Schmerzen, Ermüdung oder vermehrter muskulärer Erschöpfung. Die Mitglieder des Verbandes haben sich zusammengeschlossen, um sich hinsichtlich einer guten medizinischen Versorgung und der Durchsetzung von Teilhabemöglichkeiten in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens gegenseitig zu unterstützen.

Ansprechpartner

Der Bundesverband Poliomyelitis e. V. steht allen Betroffenen, Angehörigen und beruflich mit diesem Thema Befassten mit Rat und Tat zur Seite. Die Beratungs- und Geschäftsstelle befindet sich seit dem Jahr 2005 in der Rehaklinik ‚Miriquidi‘ im Thermalbad Wiesenbad.

Tel.: 03733 504-1190
E-Mail: info@polio-selbsthilfe.de
www.polio-selbsthilfe.de

 

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