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Heinrich Deichmann

Es begann 1913 im Arbeiterbezirk Essen-Borbeck im Herzen des Ruhrgebietes. Der 1888 geborene Heinrich Deichmann eröffnete einen Schuhmacherladen, den er zusammen mit seiner Ehefrau Julie betrieb. Zwei Generationen weiter und beinah hundert Jahre später hat sich das Unternehmen zum Marktführer in Europa entwickelt. Heinrich Deichmann, der 1962 geborene Enkel des Firmengründers, trat 1989 ins Unternehmen ein. 1999 übernahm er die Position des Vorsitzenden der Geschäftsführung. Heute ist er Vorsitzender des Verwaltungsrates der Deichmann SE. Unter seiner Leitung wurde die Internationalisierung des Unternehmens vorangetrieben. Im Einkauf beschafft das Unternehmen die Schuhe in 40 Ländern. Auf der Verkaufsseite gibt es rund 3.857 Filialen in 26 Ländern. Geblieben ist – neben der geschäftlichen Entwicklung – das soziale Engagement für notleidende Menschen in Deutschland, Europa, Indien und Tansania.

Sehr geehrter Herr Deichmann, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für unsere Fragen nehmen!

Liest man Berichte über Sie und das soziale Engagement der Familie Deichmann, so ist die Liste der Projekte, mit denen Sie die Welt ein Stückchen besser machen, beeindruckend. Zudem wird herausgehoben, dass Ihnen christliche Werte, gerade auch in der Unternehmensführung, wichtig sind. Wie ist sichergestellt, dass diese Werte bzw. Philosophie auch beim letzten Mitarbeiter ankommen?

Wir reden an vielen Punkten darüber, was uns wichtig ist. Das fängt bei unserem Mitarbeitermagazin an und geht weiter mit unseren Jahrestagungen und Weihnachtsfeiern. Wir informieren auch in unseren Schulungsprogrammen für unsere Führungskräfte. In den Filialen informieren wir ja auch die Kunden über unsere Hilfsprojekte. Das bekommen die Mitarbeiter natürlich auch mit. In diesem Sommer haben wir außerdem ein Programm gestartet, mit dem wir Mitarbeitern – zunächst in der Verwaltung – ermöglichen, sich einige Stunden während der Arbeitszeit für soziale Projekte in unserem Umfeld einzusetzen. Ziel ist, dass sie sich anschließend ehrenamtlich in ihrer Freizeit engagieren.

Ist Inklusion und Integration bei Ihnen im Konzern ein Thema? Familie Würth betreibt zum Beispiel ein Hotel, welches Menschen mit Behinderung angestellt hat. Wäre das bei Ihnen auch umsetzbar?

Im Einzelhandel brauchen Sie natürlich in den Läden Mitarbeiter, die körperlich fit und stark im Kundenservice sind. Wir haben aber im Bereich der Verwaltung auch Arbeitsplätze für Mitarbeiter mit Handicaps. Hinzu kommt: In unseren Hilfsprojekten stoßen wir auch immer wieder auf Menschen mit Behinderung. Dort versuchen wir zu helfen. In Indien z. B. mit einer speziellen Einrichtung, wo wir Kinder mit Mehrfachbehinderung unterrichten. In Deutschland verleihen wir seit 14 Jahren den Förderpreis für Integration, der bundesweit unter anderem Initiativen auszeichnet, die Menschen mit Handicaps eine berufliche Perspektive aufzeigen. (www.deichmann-foerderpreis.de)

Sie engagieren sich mit der von Ihrem Vater vor 40 Jahren gegründeten Hilfsorganisation Wort & Tat u. a. in Moldawien sowie Indien. Sind das Länder, mit denen Sie im geschäftlichen Kontakt oder in Kooperation stehen? Lernen Sie dadurch die Menschen und ihre Bedürfnisse kennen und finden so den Zugang zu den Hilfsprojekten?

Unser Engagement für Hilfsbedürftige hat nichts mit unseren geschäftlichen Aktivitäten zu tun. Auf Moldawien bin ich z. B. aufmerksam geworden, weil ein Freund mich dorthin eingeladen hatte, um mir ein Hilfsprojekt vorzustellen. In Indien hat mein Vater sich bereits karitativ engagiert, als wir von dort noch keine Schuhe bezogen haben. Viel wichtiger ist für uns, dass wir im jeweiligen Land einheimische Partner finden, die die Bedürfnisse und Nöte der armen Bevölkerung kennen. Mit ihnen arbeiten wir dann zusammen, damit wir möglichst effektiv helfen können.

Gibt es noch ein Projekt oder eine Vision, welche(s) Sie noch umsetzen wollen?

Ich glaube, wir haben schon genug Projekte, um die wir uns kümmern. Mir wird aber zunehmend wichtiger, dass wir es schaffen, den Menschen zu helfen, für sich selbst zu sorgen. Das hat zuallererst mit Bildung zu tun. Wir haben allein in Indien rund 20.000 Schüler in Schulen unseres lokalen Partners.

Wenn Sie die gesellschaftlichen Strukturen ändern könnten, was wäre Ihr erstes Anliegen?

Wenn ich mich international umschaue, dann halte ich unser Gesellschaftsmodell in Deutschland grundsätzlich für den richtigen Ansatz. Nicht umsonst hat unser Land ja für viele Menschen eine hohe Anziehungskraft. Was ich mir allerdings wünsche, ist weniger Egoismus und mehr Gemeinsinn. Das fängt schon mit der Erziehung der Kinder an. Man könnte frei nach John F. Kennedy formulieren: Frage, was du für die Gemeinschaft tun kannst und nicht immer nur, was die Gemeinschaft für dich tut.

Unser Magazin möchte seinen Lesern Mut machen. Was möchten Sie ihnen mit auf den Weg geben? Haben Sie eine Lebensweisheit oder ein Motto?

Egal, mit welchen Stärken und Schwächen oder Einschränkungen jemand durchs Leben geht – er ist eine von Gott geliebte und gewollte Persönlichkeit.

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