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Der Berg ruft

KLETTERN FÜR KÖRPER & GEIST

Die Luft ist klar und die Aussicht grandios. Vollkommen im Hier und Jetzt konzentriert man sich auf die nächsten Griffe. Nicht nur Technik und eine gewisse Beweglichkeit spielen beim Klettern eine Rolle, sondern auch der Kopf. Diese Sportart hat schon viele Menschen in den Bann gezogen und kann auch mit Handicap zur neuen Leidenschaft werden.

„Es fördert die Hand-Augen- und Fuß-Augen-Koordination, den Gleichgewichtssinn und die Beweglichkeit der Gelenke. Zusätzlich werden viele Muskelgruppen beansprucht und insbesondere die Rumpf- und Oberkörpermuskulatur gestärkt“, erklärt der Deutsche Alpenverein e.V. (DAV) die Vorteile des Kletterns.

Mann mit Handicap bewegt sich aus dem Rollstuhl an eine Kletterwand

Er ist ein guter Ansprechpartner, wenn es um die richtige Gruppe und Sektion geht, und das deutschlandweit. Der DAV ist der größte Bergsportverein der Welt und einer der großen Sport- und Naturschutzverbände Deutschlands mit über 1 Million Mitgliedern in 357 selbstständigen Sektionen und einer Stiftung.

Wanderer, Sportkletterer, Naturschützer, Hüttenwirte, Familiengruppen, Skibergsteiger, Expeditionsteilnehmer und Kulturliebhaber – Gleichgesinnte finden hier Gleichgesinnte. Die Inklusion wird seit vielen Jahren vorangetrieben, sie soll (und wird) im Bergsport, beim Bergsteigen und Alpinismus umgesetzt werden.

In vielen Sektionen, wie zum Beispiel Stuttgart, Tölz, Neu-Ulm oder Siegerland, werden inklusive Angebote bereitgehalten. Ob Hallenklettern, Sportklettern im Klettergarten oder Alpinklettern, die Bewegung in der Vertikalen ist die Krönung des Bergsteigens – egal ob mit oder ohne Behinderung. Klettern bewirkt ein positives Selbstkonzept und fördert die Selbstwirksamkeit. Es fördert die seelische und körperliche Gesundheit. Die Erfahrung, Erfolge beim Klettern erzielen zu können, kann in den Alltag übertragen werden. Kurzum: Klettern wirkt!

Ich will da rauf!

Dieser Satz steht für Inklusion durch ein gemeinsames Hobby – Klettern. Für die Teilnehmenden spielt es keine Rolle mehr, ob jemand eine Behinderung hat oder nicht, denn alle machen ganz selbstverständlich mit.

Porträt der Klettertrainerin Rebekka Rist

Rebekka Rist, Klettertrainerin bei „Ich will da rauf!“ e. V. und zuständig für die Organisation der Klettergruppen:

„In unserem Verein klettern Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam. In den regelmäßig stattfindenden Klettergruppen hat die Hälfte der Teilnehmenden eine Behinderung.

Als Trainerin versuche ich, allen Kletternden in der Gruppe gerecht zu werden und meinen Fokus immer wieder gezielt zu verändern, um die Teilnehmenden individuell zu fördern. Menschen mit Behinderung nehmen keine Sonderstellung ein, sondern sind Teil einer gelebten inklusiven Gemeinschaft. Alle Kletternden dürfen sichern, teils können sie das nicht alleine, aber mit einer Hintersicherung durch die Trainerin/den Trainer oder durch ehrenamtliche Kräfte ist das für alle möglich.

Dieses Miteinander auf Augenhöhe verbindet und steigert den Selbstwert. Alle profitieren von der inklusiven Zusammensetzung und lernen voneinander. Durch die Regelmäßigkeit der Gruppentreffen und die jahrelangen Mitgliedschaften entstehen Freundschaften, die auch außerhalb des Kletterns gelebt werden, und es herrscht eine hohe Akzeptanz sowie Toleranz.

Das sagt auch ein junger Erwachsener aus dem Autismusspektrum, der Nicht-Sprecher ist, über seinen Talker (Tablet mit Sprachausgabe) bei einem Interview: „Proaktiv will ich sagen, dass sie mich hier alle mögen trotz meiner Lautstärke und das ist unglaublich schön und lieb.“

Inklusives Klettern – Indoor und Outdoor

Die Gruppen werden jeweils von einem/r professionellen Klettertrainer/-in geleitet, die Unterstützung von einem/r ehrenamtlichen Helfer/-in bekommen. In der Regel klettern acht Personen in einer Gruppe, damit alle ausgiebig klettern und individuell unterstützt werden können.

Geklettert wird an künstlichen Kletteranlagen (Indoor) im Vorstieg und Toprope, d.h., der oder die Kletternde wird über ein Sicherungsseil von einer anderen Person am Boden gesichert. Es kann jederzeit eine Pause in der Wand gemacht werden. Wenn es das Budget zulässt, bietet der Verein auch Kletterausflüge ins Freie und Ferientermine an.

Eine Gruppe von Kindern und Erwachsenen an einer Kletterwand

Die Mitglieder sind zwischen sechs und 83 Jahren alt. Die Behinderungen sind vielfältig: von körperlichen Behinderungen über chronische Krankheiten bis hin zu kognitiven Beeinträchtigungen, Kletterer mit Epilepsie, Multipler Sklerose, Autismus, Trisomie 21, Muskeldystrophie und anderen Behinderungen. Einige Kinder sind in ihrer körperlichen und motorischen Entwicklung verzögert oder haben ADHS.

Gerade die Nachfrage bei den Kindergruppen ist sehr hoch, denn für Kinder mit einer Behinderung bietet der Klettersport Möglichkeiten, auf das Ausmaß und das Fortschreiten der Behinderung positiv einzuwirken. Die Kinder erlangen Selbstbewusstsein und Vertrauen in ihre Fähigkeiten. Ebenso werden ihre sozialen Kompetenzen gestärkt.
Nicht zu unterschätzen ist auch der Effekt auf die Eltern dieser Kinder. Ihre Kinder klettern die Wand bis ganz nach oben rauf und machen immer mehr Fortschritte. Sie sehen: Mein Kind schafft das.

Seilschafft Inklusion

Die Projektkoordinatorin Lena FrankLena Frank, Projektkoordinatorin

„Als Inklusionsbotschafter wollen wir dafür sorgen, dass möglichst viele Menschen vom inklusiven Klettern profitieren und Inklusion im Klettern zur Normalität wird. Aus diesem Gedanken heraus entstand die „Seilschafft Inklusion!“. Ein Programm, über das wir Inklusions- und Kletterbegeisterte dabei unterstützen selbst inklusive Klettergruppen aufzubauen oder bestehende Gruppen inklusiv zu gestalten.

Die „Seilschafft Inklusion!“ sehen wir gleichzeitig als Weiterbildungsprogramm und als Netzwerk. Zunächst beraten wir, bieten Workshops zum Thema Inklusion und Sicherheit an und stellen unsere Ressourcen zur Verfügung. Perspektivisch wollen wir so Netzwerk aufbauen, in dem wir auf Augenhöhe Erfahrungen austauschen und voneinander lernen.

Für 2020 vergeben wir übrigens fünf einjährige Weiterbildungsstipendien an gemeinnützige Vereine, Sektionen oder Privatpersonen. Es ist uns wichtig, das Programm auch in finanzieller Hinsicht möglichst barrierefrei anzubieten. Bewerbungsschluss für die Stipendien ist der 15. April 2020.

Mehr Infos zur „Seilschafft Inklusion!“ und unseren Stipendien: www.seilschafft-inklusion.de

Der ,,Ich will da rauf!” e.V. (IWDR) ist ein gemeinnütziger Verein, der Menschen über den Klettersport zusammenbringen möchte. Seit 2008 organisiert er regelmäßige betreute Gruppen: Menschen mit und ohne Behinderung erleben gemeinsam die Freude am Klettern.

Mehr Infos zu dem Verein und wie man zum Klettern kommt:

,,lch will da rauf!” e.V.
Klettern für Menschen mit und ohne Behinderung
Baaderstr. 40 (Rgb.)
80469 München
E-mail: service@iwdr.de
www.iwdr.de

Die Klettergruppe des Vereins "Ich will da rauf" steht gemeinsam im Kreis.

Fotos: go-images.com / Wolfgang Ehn, Ich will da rauf e. V., Pixabay.com, Grafik: www.freepik.com
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