StartLeben mit Multiple SkleroseBiomarker als Frühwarnsystem bei Multipler Sklerose

Biomarker als Frühwarnsystem bei Multipler Sklerose

Neue Möglichkeiten in der MS-Therapie

Forschende der University of California in San Francisco und der Universität Basel haben den Zusammenhang zwischen dem Blutwert des Proteins Neurofilament (Serum Neurofilament Light Chain, sNfL) und der Verschlechterung der Behinderung bei Patienten:innen mit Multipler Sklerose untersucht. Die kürzlich im Fachjournal „JAMA Neurology“ veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass erhöhte sNfL-Werte ein erhöhtes Risiko für fortschreitende Schäden anzeigen, und verdeutlichen die zeitliche Abfolge dieser Veränderungen. Ein solcher Test könnte Aufschluss über die zukünftige Krankheitsaktivität und die Wirksamkeit der aktuellen Therapie geben. Eine Zulassung dieses Tests in Deutschland wird noch in diesem Jahr erwartet.

Auswertung umfangreicher Patientendaten

Insgesamt wurden Daten von etwa 1900 Patienten:innen mit rund 12 800 NfL-Messungen über einen Zeitraum von zehn Jahren ausgewertet. Ziel war es, zu prüfen, inwieweit erhöhte Biomarker-Werte Hinweise auf eine Verschlechterung der Behinderung (Confirmed Disability Worsening, CDW) um mehr als einen Punkt auf der EDS-Skala (Expanded Disability Status Scale) geben. Ein weiterer Aspekt war die zeitliche Komponente: Es wurde analysiert, wie schnell nach einer Erhöhung des sNfL-Werts ein Behinderungsereignis eintrat.

Erkenntnisse aus der Studie

Erhöhte NfL-Werte im Blut korrelieren mit einem erhöhten Grad an neuroaxonaler Schädigung und einem höheren Risiko einer CDW bei Multipler Sklerose. Diese Verschlechterung kann ein bis zwei Jahre nach einem Anstieg des sNfL-Werts auftreten. Konkret zeigte sich, dass bei höheren Werten das Risiko für eine CDW mit Rückfall etwa zwölf Monate später um 91 % höher lag. Ohne Rückfall war das Risiko 24 Monate später um 49 % erhöht. Dabei ist zu beachten, dass auch andere Faktoren wie Alter, Krankheitsdauer und -schwere den NfL-Wert beeinflussen können.

Potenzial des NfL-Werts als diagnostisches Werkzeug

Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass der NfL-Wert im Blut ein vielversprechendes „Frühwarnsystem“ für die Beurteilung des Krankheitsverlaufs bei Multipler Sklerose sein kann. Besonders relevant ist dies für das Fortschreiten der Erkrankung und die CDW in einem definierten Zeitrahmen. Das Screening durch diesen Biomarker kann Hinweise auf die Qualität der Therapie geben, was zur Optimierung der Medikation und zur Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen beitragen kann. Selbst bei stabilen Patienten:innen ohne klinische Symptome deutet ein erhöhter Wert darauf hin, dass eine Anpassung der Therapie notwendig sein könnte. Der sNfL-Spiegel ergänzt somit klinische Untersuchungen und konventionelle Bildgebung als weiteres Instrument für die optimale Versorgung bei Multipler Sklerose.

Bedeutung von Neurofilament (NfL)

Neurofilament ist ein Protein der Neuronen, genauer gesagt ihres Zytoskeletts. Bei Schädigung der Axone, die elektrische Impulse weiterleiten, wird es zunächst in die Gehirnflüssigkeit (Liquor) freigesetzt und gelangt anschließend in geringerer Konzentration in den Blutkreislauf. Die Konzentration der leichten Kette des Neurofilaments zeigt den Grad der neuroaxonalen Schädigung an und weist auf Krankheitsaktivität hin. Der Wert sollte nicht über 8 pg/ml liegen; bei Werten über 10 pg/ml sollte die Therapie angepasst werden. Der sNfL-Wert zeigt also auch das Ansprechen auf die medikamentöse Behandlung an bzw. ob Optimierungsbedarf besteht.

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