StartAmputation & ProthetikRutschvergnügen für Prothesentragende

Rutschvergnügen für Prothesentragende

Spaß garantiert – trocken oder nass

Heute mal ein Erfahrungsbericht aus eigener Tasche. Ich bin Langzeitamputierte, und das schon seit dem Kleinkindalter. Da blieb natürlich fast keine Rutsche ungerutscht. Hier ein paar Tipps, wie ich die Rutschen bezwinge, egal ob trocken oder mit Wasser.

Rutschen ohne Wasser mit Oberschenkelamputation

Zu allererst sollte es Ihnen natürlich möglich sein, den Rutschenturm zu erklimmen. Wer selbst raufkommt, kommt auch wieder runter! Und dann wäre da noch die Sache mit der Breite. Von der Hüfte des:der mutigen Rutschenden – und der Rutsche. Ich schreibe das aus folgendem Grund: Bei Oberschenkelprothesentragenden ist zumeist die höchste Kante des Schafts eben direkt auf Hüfthöhe und unflexibel im Gegensatz zur vorhandenen Körper-Hüft-Seite. Schrappt man mit der Prothesenseite an den Seitenkanten/-wänden der Rutsche entlang, ist der Frust groß, weil: Hose beschädigt. Außerdem rutscht es sich mit möglichst wenig Widerstand natürlich besser (in Freizeitparks gibt es diese „Teppichrutschen“ mit mehreren Wellen, dort bekommt man richtig Geschwindigkeit! Und dort sind selten hohe Seitenwände und zudem eine moderate Breite).

Die geeignete Position: Beine samt Prothese über Kreuz

Die größte Herausforderung besteht generell für Oberschenkelamputierte, weil man zwar das bisschen Oberschenkel noch anheben kann, aber das prothetische Kniegelenk nachgibt (sich also beugt) und somit die Ferse wieder aufkommt. Beim Rutschen sollten die Fußenden ja bestenfalls angehoben werden, damit man mit der Ferse nicht bremst. Lange Rede kurzer Sinn: Ich lege meine Füße über Kreuz, sodass die Prothese auf meinem vorhandenen Bein liegt. Bein heben, und los!

Und ich kann nur raten: Auch wenn die Option besteht, nicht das Gelenk versteifen bzw. verriegeln! Natürlich kann es sich so nicht beugen, und man könnte sich die „Über-Kreuz-Variante“ sparen. Denn: Wenn man unten ankommt, kostet es Kraft, das Bein gestreckt zu halten und den Schwung mit dem noch vorhandenen Bein auf- bzw. abzufangen. Ist das Gelenk gesperrt und somit die Prothese steif, könnte es sehr wehtun, wenn man mit dem Schwung auf dem Boden aufkommt.

Ohne Sperre gibt es zwar nach, aber man fällt immerhin nach vorne. Und dann kann man gleich mal Fallen üben: auf die Ellenbogen, Hände … wie beim Schlittschuhlaufen.

Aber eigentlich soll es ja nicht so weit kommen. Man landet am Ende elegant, denn meistens kann man vor dem Ende abbremsen – Ferse leicht aufsetzen …

Mein Tipp: erst mal klein anfangen! Also nicht gleich eine Turbo-Speed-mega-Monsterrutsche in Angriff nehmen.

Rutschen mit Wasser

Grundsätzlich ist es wichtig, schwimmen zu können, besonders wenn man im tiefen Wasser landet. Die Prothese muss definitiv wasserfest sein, also eine Badeprothese. Sind Sie sich bezüglich der Wasserfestigkeit nicht sicher, dann fragen Sie unbedingt bei Ihrem:Ihrer Orthopädietechniker:in nach. Und natürlich sollte der Prothesenschaft fest sitzen, damit die Prothese nicht vor einem im Becken ankommt. Die Rutschtechnik an sich ist dieselbe, die ich oben beschrieben habe.

Eine überdachte Wasserrutsche in der ein Mädchen rutscht. Das Wasser spritzt.

Warum unbedingt Beine „über Kreuz“ – muss das sein?

In unserem hiesigen Freibad gibt es eine offene Rutsche. Die ist echt breit, und da kann man locker zu dritt nebeneinander runtersausen – man darf sich nur nicht vom Bademeister erwischen lassen! Diese besagte Rutsche ist aus rostfreiem Stahl und wird von oben bewässert – sie würde ohne Wasser auch gar nicht funktionieren, sonst bleibt man ja mit der Haut „kleben“. Und im Sommer wäre es echt ne heiße Angelegenheit … Ich liebe diese Rutsche. Sie ist gar nicht so lang, aber sie hat mittig noch mal so eine Welle, sodass man das Gefühl hat, noch mal über einen Hügel zu gleiten. Jedenfalls lautet das Motto dieser Rutsche: „In der Kürze liegt die Würze!“

Ich bin mit der Prothese über Kreuz runtergerutscht, unten angekommen, ins Wasser geplatscht, untergetaucht, raus aus dem Becken und ab zur Treppe und rauf auf die Rutsche. Und noch mal. Dieses Mal nicht über Kreuz, sondern beide Beine lagen nebeneinander. Unten angekommen, man erreicht das Wasser ja mit den Füßen zuerst, erwartet einen der Widerstand des Wassers. Und der beugt das Gelenk. So ein Landeanflug dauert ja nicht ewig, und dieses Landebecken ist maximal brusttief, ich komme also unten an und will eigentlich gleich loslaufen, geht aber nicht, weil das Gelenk gebeugt ist – ein Schritt ins Leere sozusagen.

Mit dem gesperrten Gelenk verhält es sich andersherum, kommt man jetzt ungeschickt auf, kann es einen ganz schönen Wumms geben.

Mehrere runde und gerade Wasserrutschen in bunten Farben, die in einen Pool führen. Das Wasser spritzt weit nach oben.

Mit oder ohne Prothese rutschen?

Das Rutschen macht wirklich großen Spaß, egal ob Alt oder Jung. Selbstverständlich kann man mit oder auch ohne Prothese rutschen (betrifft hauptsächlich Rutschen im Nassbereich). In meiner Kind- als auch Jugendzeit bin ich immer „unten ohne“ durchs ganze Schwimmbad gehüpft. Als ich Mutter wurde, entschied ich mich dann doch für eine wasserfeste Prothese (um meiner Tochter hinterherlaufen zu können). Ich finde es mit Prothese im Schwimmbad komfortabler, gerade was das Rutschen angeht. Man muss doch immer die ganzen Treppen hoch! Ich bin Sportlerin und fit, aber darauf möchte ich meine Kraft nicht verschwenden, und auch aus gesundheitlichem Aspekt ist das Hüpfen auf einem Bein in Dauerschleife nicht so zuträglich.

Wer will, der macht

Was ich hier aufgeschrieben habe, ist meine Variante und nicht das Maß der Dinge. Und für Unterschenkelamputierte ist es, glaube ich, auch gar nicht relevant.

Für alle, die nicht selbst rutschen wollen, sondern „gerutscht werden wollen“, gibts ja noch die Freizeitparks. Ich liebe ja die Wildwasserbahn!! Einsteigen, ein bisschen durch den Kanal dümpeln und dann bergab, Arme hoch und YAY! Da wird man nass, jaaa, aber man kann einen wasserfesten Schutz über das Bein ziehen, wenn keine wasserfeste Prothese vorhanden ist. Hier eignet sich zum Beispiel ein blauer Sack, oder die übliche Variante wäre ein großes Regencape. Ich persönlich schaffe es nicht, dieses Wassererlebnis an das Ausflugsende zu legen, sondern werde magisch von diesen Rutschen angezogen. Und wenn der Verstand einsetzt, sitze ich leider schon drin, und dann ist es bekanntlich zu spät, und ich laufe in nassen Klamotten Stunden durch den Park …

Eine von oben fotografierte gelbe, steile Wasserrutsche.

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