„Wäre ich an jenem Morgen surfen gegangen, wenn ich gewusst hätte, dass ich kurz nach dem Eintauchen in den Ozean eines meiner Beine verlieren würde? Absolut. Durch den Angriff eines Hais habe ich innerhalb weniger Sekunden mein Bein verloren und fast mein Leben. Ich würde es nicht anders wollen. So eigenartig ist das Leben manchmal.“
Kindheit am und im Meer
Ich wurde auf der kleinen tropischen Insel Kaua’i geboren und wuchs dort auf. Wie die meisten Kinder verbrachte ich meine Kindheit im und am Meer und genoss jeden Moment. Unzählige Erinnerungen an das Wellenreiten mit Freunden:innen und das Erkunden der Unterwasserwelt an ruhigen Tagen prägten meine Kindheit. Das Wasser war meine Leidenschaft, und mein Leben drehte sich um seine Gezeiten.
Plötzlicher Haiangriff verändert Leben
Die Wintersurfsaison auf Hawaii erwachte allmählich nach einem ruhigen Sommer. Ich war 18 Jahre alt, fühlte mich großartig und hatte noch alle Arme und Beine. Das änderte sich an einem feuchten Oktobermorgen. Der Haiangriff war typisch: überraschend aus der Tiefe. Ich wehrte mich heftig. Ein paar Schläge auf den Kopf des Hais vertrieben ihn, aber nicht ohne, dass ich mein rechtes Bein unterhalb des Knies verlor. Weitere Verletzungen wie ein zerrissener Finger, als ich versuchte, meine Beine aus seinen Kiefern zu befreien, und ein schwer verletzter linker Fuß kamen hinzu. Ich blutete stark, hatte aber das Glück, eine kleine Welle zum Land zu erwischen, die wie von einer höheren Macht gesandt schien. Ein Freund legte schnell ein Tourniquet (Abbindesystem) an und brachte mich zur nächsten medizinischen Einrichtung, während ich immer wieder das Bewusstsein verlor. Einen Tag später wachte ich auf der Intensivstation auf, umgeben von Ärzten:innen, Krankenpflegenden und meiner Familie. Es war ein bedrückender Moment, als ich die Augen öffnete und die Schwere im Raum spürte. Der Arzt fragte meine Mutter: „Soll ich es ihm sagen?“ Meine Mutter sah mich traurig an und sagte: „Mike, du hast dein Bein verloren.“ Ich dachte nur: Na klar, ich habe es doch abreißen sehen.
Erste Begegnung mit einem Amputierten
Meine Zeit im Krankenhaus war hart. Alles, woran ich denken konnte, war, wie gut die Wellen waren und welche meiner Freunde:innen gerade surften. Ich wusste, dass ich bald wieder surfen würde, doch der Tag konnte nicht schnell genug kommen. Ich überlegte, wie ich meinen Rollstuhl an den Strand bringen könnte und ob Gehhilfen im Sand schwierig zu benutzen wären. Einen Tag vor meiner Entlassung besuchte mich kurz ein Fremder. Nachdem er gegangen war, bemerkte meine Mutter beiläufig: „Er ist auch ein Amputierter und benutzt eine Prothese, um zu gehen.“ Ich hatte nichts Auffälliges an ihm oder seinem Gang bemerkt und wusste mit dem Begriff Prothese nichts anzufangen. Ich hatte mich schon damit abgefunden, dass ich den Rest meines Lebens mit Gehhilfen oder im Rollstuhl verbringen würde. Aber jetzt gab es eine Lösung, die mir das Gehen ermöglichen würde. Ich war überwältigt!
Schlecht sitzende Prothesen
Die nächsten Jahre verbrachte ich damit, das Gehen mit einer Prothese zu lernen, und verbrachte die meisten Tage wieder im Wasser mit meinem Lieblingshobby, dem Boogie-Boarding. Ich hatte viele und schmerzhafte Probleme mit der Versorgung. Da ich außer bei dem Besuch im Krankenhaus nie eine:n andere:n Amputierte:n gesehen hatte, wusste ich, dass ich anders war. Als schüchterner junger Erwachsener, der das College begann, war es nicht immer gut, anders zu sein. Ich verliebte mich in die Fotografie und begann ein Kunststudium im Ausland. Meine Kommilitonen:innen hatten keine Ahnung, dass ich von einem Hai angegriffen worden war, geschweige denn, dass ich amputiert war. Wenn ich eine oder zwei Unterrichtsstunden verpasst habe, hat niemand etwas dabei gedacht. Ich verheimlichte, dass ich nicht zur Schule gehen konnte, weil ich mein Bein nicht anziehen konnte – die Druckstellen von dem schlechten Sitz des Schaftes waren einfach zu schmerzhaft.
Wieder Surfen mit Prothese
Im zweiten Jahr meines Studiums kam mir der Gedanke, mein Prothesenbein mit ins Meer zu nehmen. Wie wunderbar wäre es, nicht mehr einbeinig ins Wasser hüpfen zu müssen. Vielleicht könnte ich sogar auf einem Surfbrett stehen, und nicht wie bisher auf dem Boogie-Board liegen? Mein Prothesentechniker riet mir dringend davon ab, die Prothese mit ins Meer zu nehmen, da die Produkte nicht als (salz-)wasserfest vom Hersteller freigegeben waren. Das könne zu Problemen mit der Produkthaftung führen. Aber an einem ungewöhnlich warmen Sommertag in Santa Barbara entschied ich mich dazu, das Risiko doch einzugehen. Und Momente später ritt ich meine erste Welle mit einem Prothesenbein. Was für ein Gefühl das war, aufrecht und fest auf meinem Brett zu stehen, während ich auf der Welle zur Küste ritt. Ich war begeistert.
Selbstbewusstsein durch Social Media
Jeder Gedanke drehte sich darum, wie ich besser surfen könnte, und ich begann, mit einer wasserdichten Kamera an meinem Brett zu experimentieren, um zu sehen, wie sich der Fuß während der Fahrt bewegte. Als die sozialen Medien in ihren Kinderschuhen steckten, begann ich, diese Videos von mir beim Surfen mit der Prothese zu posten. Zu meiner Überraschung erhielt ich aufrichtige und wundervolle Rückmeldungen: „Das ist wunderschön.“ „Wow, wie unglaublich.“ „Nichts hält dich auf.“ Solche Worte hatte ich seit meinem Unfall noch nicht gehört, und sie hatten einen großen positiven Effekt auf mein Selbstwertgefühl. Ich wurde stolz darauf, amputiert zu sein. Und seitdem zeige ich auch meine Prothese.
Engagement für Haie
Ironischerweise verliebte ich mich ebenfalls in die Unterwasserwelt, insbesondere in die Tiere, die mich fast mein Leben gekostet hätten. Ich wurde eingeladen, mit Haien zu tauchen, und meine Welt veränderte sich erneut. Mit meiner einzigartigen Stimme als Hai-Angriffsüberlebender fand ich es wichtig, über die Bedeutung von Haien im marinen Ökosystem zu sprechen. Und dies tat ich: auf Kongressen, vor Grundschulkindern, aber auch den Vereinten Nationen. Wir brauchen Haie für einen gesunden Ozean, und ein gesundes Riff bedeutet großartige Wellen!
Optimales Surfen mit dem Pro-Flex XC
Je öfter ich mit meinem Prothesenfuß surfte, desto klarer zeigte sich, was funktionierte, und was nicht. Es kristallisierte sich heraus, dass ich einen dynamischen Fuß brauchte – einen, der Energie zurückgab und mir ermöglichte, das Surfbrett zu steuern. Kohlefaser kam ins Spiel. Dieses großartige Material, aus dem der Pro-Flex XC von Össur gemacht war, hielt Energie im Fuß, bis sie benötigt wurde – und gab sie dann zurück, um das Surfbrett zu drehen. Es fühlte sich an, als würde ein neues Kapitel meines Surfens beginnen. Meine Begeisterung hält bis heute an! Ich fühle mich wie der glücklichste Amputierte der Welt.
Eine Prothese ist für eine:n Amputierte:n alles: Selbstwert, eine Möglichkeit, sich zu bewegen, zu arbeiten und zu kreieren. Das wichtigste Objekt in unserem Leben. Die Fähigkeit, etwas so Wertvolles an Land auch im Meer nutzen zu können, ist ein Geschenk. Und ich hoffe, dass es viele Amputierte genießen können.
Mehr zu dem Pro-Flex XC ist auf der Website https://www.ossur.com/de-de/prothetik/fusse/pro-flex-xc zu finden.