Goalball ist in Deutschland auf dem Vormarsch. Das belegt nicht zuletzt die hervorragende Entwicklung der deutschen Nationalmannschaft. Gelang 2016 nach der Qualifikation für die Paralympics erst auf den letzten Drücker der Sprung ins Viertelfinale, feierte das Team 2017 bei der Europameisterschaft und 2018 sogar bei der Weltmeisterschaft jeweils den Gewinn der Silbermedaille.
Doch was ist eigentlich Goalball?
Bereits seit 1976 gehört die traditionsreiche Sportart für Menschen mit Sehbehinderung zum Programm der Paralympics. Zwei Dreier-Teams spielen mit einem 1,3 Kilogramm schweren Klingelball auf 9 Meter breite und 1,30 Meter hohe Tore, alle Spieler tragen dabei Dunkelbrillen. Es ist ein rasanter und temporeicher Sport. Die Bälle erreichen in der Spitze bis zu 80 km/h, Abwehr- und Angriffsaktionen wechseln sich ständig ab. „Das erfordert nicht nur gute Kondition und Reaktion, sondern auch Konzentration. Zudem ist Goalball geprägt von Taktik und Strategie, ein bisschen wie Schach“, erklärt Nationaltrainer Johannes Günther.
VIELE ANGRIFFSAKTIONEN UND GLANZPARADEN: ÜBER 100 TORCHANCEN AUF BEIDEN SEITEN
Dabei kommt es auf viele Details an: Wie positionieren sich die drei Akteure auf dem Feld, um das neun Meter breite Tor so gut es geht zu verteidigen? Wie spielt man den Klingelball, um die Lücke in der gegnerischen Abwehr zu finden? Wohlgemerkt, ohne etwas zu sehen. Da kommt den Trainern nicht nur in der Vor- und Nachbereitung, sondern auch während des Spiels eine wichtige Rolle zu. „Für mich und meinen Co-Trainer Stefan Weil ist es so, als würden wir selbst mit auf dem Feld stehen. Wir haben großen Einfluss auf das Spielgeschehen“, erklärt Günther.
Besonders spektakulär wird Goalball durch die vielen Angriffsaktionen. In der 24-minütigen Partie (zwölf Minuten effektive Spielzeit pro Hälfte) haben beide Mannschaften im Schnitt über 100 Würfe. „Im Grunde ist jeder Wurf eine 100-prozentige Torchance“, sagt Michael Feistle, der Kapitän der Nati-onalmannschaft. Das sorgt für temporeiche Angriffe mit dem Klingelball und Glanzparaden in Serie – und das ausschließlich mit viel Intuition und Gefühl. „Wichtig ist es, ein Gespür dafür zu entwickeln, was der Gegner an taktischen Manövern macht und wie er auf die eigenen Spielzüge reagiert“, erklärt Feistle.
ORGANISATIONSLEITER UND ATHLET BEI DER HEIM-EM: DOPPELROLLE MIT EHRGEIZIGEN ZIELEN
„Es ist eine intensive Sportart, in der es hin und her geht, die aber auch sehr viele taktische Elemente enthält. Goalball ist ein absolut faszinierender Sport“, betont Reno Tiede. Der Rostocker gehört zur Gattung der positiv Verrückten. Er brennt für die Sportart, Goalball ist seine große Leidenschaft. Denn Tiede ist nicht nur Nationalspieler, sondern prägt auch die Strukturen – regional und bundesweit. Ab der kommenden Saison gibt es erstmals sogar eine 2. Bundesliga sowie seit 2014 den Ligapokal.
2012 war er Mitbegründer der Goal-ball-Bundesliga, zwei Jahre später rief er in seiner Heimat den Rostocker Goalball Club Hansa ins Leben und hat jetzt daran mitgewirkt, die Goalball-EM 2019 an die Ostsee zu holen. Die wird vom 9. bis 13. Oktober in der Hansestadt ausgetragen – und Organisationsleiter ist: Reno Tiede. „Wir wollen die beste Goalball-EM aller Zeiten auf die Beine stellen und neue Maßstäbe setzen“, erklärt der 28-Jährige ehrgeizig. Doch das ist nicht das einzige Ziel. Denn Reno Tiede ist ja darüber hinaus auch als Athlet aktiv – und was gäbe es Schöneres, als beim Turnier in der Heimat den Titel zu gewinnen.
INFO
GOALBALL-EM 2019
Vom 5.-14. Oktober 2019 treffen die Teams des sogenannten A-Pools bei der Goalball-EM in der Hansestadt Rostock aufeinander – das sind die jeweils zehn besten Damen- und Herrenmannschaften Europas. Stattfinden werden die Spiele in der Rostocker Stadthalle sowie der OSPA-Arena.
Da die EM auch ein Qualifikationsturnier ist, geht es sportlich neben den Medaillen vor allem um die Teilnahme an den Paralympics in Tokio 2020.