StartAktiv im RolliW:O:A Wacken Open Air mit dem Rollstuhl erleben

W:O:A Wacken Open Air mit dem Rollstuhl erleben

Festivalvorbereitungen unserer Redakteurin Heike im Rolli

In ein paar Tagen ist es wieder so weit, dann wollen sich ca. 85 000 Menschen auf einem großen Acker in Schleswig-Holstein treffen, um friedlich das größte Heavy-Metal-Festival Europas zu feiern. Vom 31.07. bis zum 04.08. ist …

Wackööön

Wacken, ein kleines Dorf mit knapp 2000 Einwohnern:innen, befindet sich dann im Ausnahmezustand, wenn für eine Woche dunkel gekleidete Menschen mit Kutten und Bandshirts ihre Lieblingsbands und Solokünstler:innen feiern.

„Mama kommt mit nach Wacken!!!“

Und dieses Jahr bin ich auch mit dabei …

Eigentlich war das nicht geplant, aber jetzt freue ich mich auf dieses für mich ungewöhnliche Abenteuer. Ich habe nie daran gedacht, einmal auf ein Heavy-Metal-Festival zu fahren.
Als mein Sohn allerdings letztes Jahr, nach einigen vergeblichen Versuchen in den Vorjahren, eine Karte für Wacken ergatterte, habe ich aus Spaß gesagt: „Da könnte ich ja mit dir fahren.“ Ich habe nie daran gedacht, dass er mich – also „Mama mit Rollstuhl“ – mitnehmen würde, und habe mir einen Spaß daraus gemacht und allen erzählt, dass mein Sohn mich mit nach Wacken nimmt.
Doch seit Anfang März ist es Wirklichkeit.

Eine Frau sitzt in ihrem Rollstuhl. Sie befindet sich in einem grauen Zelt und schaut seitlich nach draußen.

Wacken Open Air und Inklusion

Ich war schon zu Beginn der Planung darüber erstaunt, wie Barrierefreiheit und Inklusion dort gehandhabt werden. Für Rollstuhlfahrende und Menschen mit Einschränkungen gibt es einen eigenen Campground. Die „Wheels of Steel Area“, aber man kann auch durchaus auf einer der anderen Camping-Areas das Festival verbringen. Da ich aber fast 60 Jahre alt und außerdem ein „verwöhntes Menschenkind“ bin, habe ich natürlich einige Anforderungen an einen Festivalaufenthalt.
Hinzu kommen auch noch die medizinischen Voraussetzungen, die in meinem Fall für den Aufenthalt gegeben sein müssen.
Seit März habe ich mich daher fleißig auf der Wacken-Internetseite getummelt, um ja nichts zu verpassen und meine persönliche Planung zu perfektionieren.

Was ich ganz toll finde:

1. Wacken hat eine „Wheels of Steel Area“ speziell für Menschen mit einer Behinderung/Einschränkung. Man muss aber nicht dort campen.
2. Man kann dort Parzellen buchen, mit oder ohne Strom (5 × 5 m).
3. Bis zu vier Parzellen sind pro Person mit Einschränkung und max. vier Begleitende buchbar.
4. Bei Merkmal „B“ im Schwerbehindertenausweis ist eine „B“egleitperson kostenfrei.
5. Es wird vorher mit einem Fragebogen kontrolliert, welche Voraussetzungen vorliegen müssen und was im Schwerbehindertenausweis steht.
6. Es gibt Behindertentoiletten, Behindertenduschen und sogar einen Reiniger zum Säubern der Rollireifen vom Dreck.
7. Es gibt ein Frühstückszelt, wo man nicht nur frühstücken kann, sondern auch anderweitig Hilfe findet.
8. Sogar eine Physiotherapieanwendung kann man buchen.
9. Mit alsterarbeit hat man noch eine besondere Hilfe bei der Anmeldung von Hilfsmitteln und medizinischem Bedarf vor Ort.

Wie funktioniert die Anmeldung für Menschen mit Einschränkung?

Ich bin im Vorfeld total begeistert, wie hier Inklusion und Barrierefreiheit gehandhabt werden. Man muss zwar etwas Zeit bei den Anfragen mitbringen, aber wenn ich überlege, das knapp 85 000 Menschen nach Wacken wollen, dann kann ich mir gut vorstellen, dass die E-Mail-Accounts überquellen vor Anfragen. Fast alles läuft digital über die Wacken-ID und das Ticketcenter, wo sich alle Teilnehmenden mit einem gültigen Festivalticket anmelden müssen.

Über handicap@wacken.com bekommt man Hilfestellung, wenn man sich nicht zurechtfindet.

Per E-Mail wurde mit einem Fragebogen der persönliche Bedarf abgefragt und auch der Anspruch auf eine Parzelle in der „Wheels of Steel Area“ geklärt. Regelmäßig werden dort auch die neuesten Informationen bekannt gegeben.

Wir haben eine Parzelle auf der „Wheels of Steel Area“

Mittlerweile haben wir fast alle administrativen Aufgaben erledigt. Das Ticket wurde von mir in der Wacken-ID personalisiert. Mein Sohn hat in seiner Wacken-ID sein „B“egleiterticket erhalten. Ich habe eine Parzelle mit Strom gebucht. Und wir können mit dem Sunday-Access-Pass schon am Sonntag anreisen. Nur der Aufladebetrag für das bargeldlose Zahlungssystem muss noch überwiesen werden.

Planung der Übernachtung im Auto mit Rolli

Beim W:O:A darf man fast auf jedem Campground neben seinem Auto, Kleinbus, Wohnmobil o. Ä. zelten. Da es aber auf einem Acker stattfindet, gibt es Gewichtsbeschränkungen.

Die „Wheels of Steel Area“ ist speziell für Menschen mit Einschränkungen gedacht.
Dort kann man Parzellen (5 × 5 m) mit oder ohne Strom buchen. Ich habe eine Parzelle mit Strom gebucht, da ich gerne meinen Restkraftverstärker laden möchte. Das kostet zwar einen kleinen Obolus extra, aber das ist es mir wert. Schlafen auf der Luftmatratze im Zelt ist für mich sehr schwierig, da ich vom Boden nur mit allergrößter Anstrengung wieder in den Rollstuhl komme. Aber ich habe das Glück, dass ich bei meinem Auto die Rücksitze und auch mein Rollstuhlverladegerät (Ladeboy II) ohne Werkzeug ausbauen und alles zu Hause lassen kann.  So passt ein Luftbett von 1 × 2 m ohne Probleme in den Kofferraum. Ich kann dann über die Heckklappe oder die Seitentüren ein- oder aussteigen. Damit ich besser hineinkomme, hat mein Sohn mir zwei kleine Strickleitern angefertigt, die rechts und links an den Kopfstützen der Vordersitze befestigt werden.

Zelt-Tetris und Trockentrenntoilette

Damit ich noch etwas mehr Platz habe und bei Regen beim Aussteigen nicht nass werde, habe ich noch ein „Heck-Vorzelt“ besorgt. Dieses kann ich entweder über die Heckklappe oder über die Seite mit einer sogenannten Schleuse anbringen. Somit habe ich dann auch Platz für die Trockentrenntoilette, die wir aus einem ausgemusterten Toilettenstuhl noch bauen werden, damit ich nachts nicht mit dem Rolli zur Sanitärzelle muss. Mein Sohn könnte zwar auch in dem Vorzelt schlafen, aber der schläft lieber in seinem eigenen Zelt, bevor ich ihn jede Nacht zuschnarche. 😉 Wie wir das Ganze auf der Parzelle unterbringen, müssen wir noch ausprobieren. Aber ich wollte für uns beide fairerweise nicht zwei Parzellen buchen, obwohl das möglich gewesen wäre.
So, jetzt haben wir bereits das Wichtigste zusammen: Zelt und Luftbett, dazu noch Schlafsack und Kissen, so kann man schon gut übernachten.

Packliste für das Wacken Open Air

Mit dem Luftbett fing meine Liste an, die täglich um neue Teile vervollständigt wurde und auch immer noch wird. Grill, Gaskocher, Geschirr, Besteck, Kochtopf, Kühlbox(en), Luftpumpe, Wasserkanister, Sonnen- und Regenschirm etc.
Auch die Liste für das leibliche Wohl wird immer länger.
Verschiedene Getränke, Nudeln, Reis, Salz, Pfeffer, Gewürze, Öl, Essig, Würstchen, Fleisch usw. zumindest für die ersten Tage. Danach kann man an verschiedenen Ständen und im „Farmers Market“ auf dem Festivalgelände seinen Hunger und Durst stillen, oder man besucht die Supermärkte im Ort.

Ein Regal mit mehreren Wasserkanistern in unterschiedlichen Größen. Sie haben oben einen schwarzen Deckel und unten einen kleinen Verschluss zum Öffnen und Schließen des Kanisters.

Planung ist alles

Damit ich auch wirklich an alles von meiner Liste denke, habe ich auf unserem Speicher schon ein „Lager“ aufgebaut. Dort liegen schon die Zelte, Luftbetten und Schlafsäcke sowie vier stabile Faltboxen, die nach und nach befüllt werden. Jede Box hat dabei ihr eigenes Thema: Kochen und Geschirr, Verpflegung, Schlafen und Toilette, Werkzeug, Spanngurte und Sonstiges.

Mehrere zusammengepackte Utensilien für einen Festivalaufenthalt. Schlafsäcke, Wasserkanister, drei Kisten, Besteck, Gasbrenner usw.

Kühlboxen und der improvisierte Tisch

Anstatt Kühlakkus mitzunehmen, friere ich meine Würstchen und das Grillfleisch ein und auch ein paar Wasserflaschen (Achtung – nicht ganz vollfüllen, sonst platzen sie). Zusätzlich packen wir am Anreisetag noch eine Packung Eiswürfel drauf, und unsere Kühlbox hält alles mehrere Tage kalt. Nachschub an Eis bekommt man ggf. vor Ort.
So kann ich die Liste langsam abarbeiten und am Anreisetag nur noch ins Auto packen (lassen) und in Wacken nach dem Zeltaufbau entsprechend stapeln. Für zwei Kisten lasse ich mir noch Holzplatten zuschneiden, dann wird aus den vier Kisten schnell ein Tisch.  Etwas vergessen werde ich wahrscheinlich trotzdem.

Wacken-Website

Wer sich für einen Besuch beim W:O:A interessiert, sollte sich auf jeden Fall die Website wacken.com in aller Ruhe durchlesen. Es gibt neben den Infos zu den Bands auch ganz viele Tipps, wie ihr Wacken zu eurem Wacken machen könnt. Unter dem Punkt Inklusion finden Menschen mit Einschränkungen viele Informationen und auch Kontaktdaten, falls eine Frage nicht beantwortet wird.

Wacken – Rain or Shine

Nachdem Wacken im letzten Jahr leider im Matsch so heftig untergegangen ist, hoffen wir natürlich, dass es dieses Jahr mehr Sonnen-Shine gibt. Außerdem soll die Anreise dieses Jahr mithilfe von unterschiedlichen Routenführungen, die man mit einem genauen Anreisetag als Access-Pass buchen kann, entzerrt werden.

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BELIEBTE BEITRÄGE