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Leichte Sprache oder einfache Sprache?

Ein Beitrag über Barrierefreie Kommunikation

Verständliche Sprache in Wort und Schrift gehört zur Barriere-Freiheit. Leichte Sprache ist nicht die einzige Alternative für schwere Sprache, wie viele vermuten. Eine noch unbekannte Variante ist die Einfache Sprache. Sie dient ebenfalls der barriere-freien Kommunikation.

Einfache Sprache Alternative zur leichten Sprache

Im Gegensatz zur Leichten Sprache ist Einfache Sprache für alle gemacht. Kognitiv eingeschränkte Menschen sind von ihr nicht automatisch ausgeschlossen.
Text-Schaffende vergessen, dass viele Menschen ein erhebliches Problem mit dem Lesen haben. Sie schreiben für Menschen, die lange Sätze erfassen können und einen großen Wortschatz haben. Text-Schaffende bedienen sich üblicherweise der eigenen Fachsprache. Das ist bei genauer Betrachtung nicht mehr zeitgemäß: Die Lese-Kompetenz sinkt in der Bevölkerung allgemein.

Eine Gruppe junger Menschen aus vier Personen nebeneinander vor einem Laptop stehend und sitzend. Sie lächeln. Der Mann gestikuliert und sein rechter Unterarm ist angehoben.

Kommunikation im Wandel durch Alexa & Co

Viele jüngere Menschen nehmen lange und komplexe Texte kaum noch zur Kenntnis. Die Entwicklung hat mehrere Ursachen. Sprach-Erkennung und -ausgabe verändern Kommunikation dramatisch. Alexa und Google machen Schreiben und Lesen überflüssig. So schrumpft die Fähigkeit zum Lesen und Erfassen komplexer Texte. Der Trend ist aus meiner Sicht nicht umkehrbar.

Barrierefreiheit eher im baulichen Umfeld im Fokus

Man denkt bei Barriere-Freiheit an Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung. Man baut für sie Rollstuhl-Rampen. Gebärden-Dolmetschende übersetzen Gesprochenes. Für sehbehinderte Menschen wird eine Vorlese-Funktion auf einer Internetseite verankert. Text-Schaffende lassen Schlecht-Lesende hingegen mit ihrem Problem allein. Barrierefreie Kommunikation findet kaum statt. Das hat vor allem damit zu tun, dass es darüber kaum Wissen gibt.

Leichte Sprache

In der Behinderten-Hilfe kennt man die Leichte Sprache. Diese ist für Menschen mit einer kognitiven Einschränkung entwickelt worden. Viele sagen immer noch Menschen mit einer geistigen Behinderung.
Leichte Sprache ist schlicht. Kennzeichen sind sehr kurze Sätze und ein stark eingeschränkter Wortschatz. Wer für Inhalte verantwortlich ist, möchte die Leichte Sprache Normal-Lesenden nicht zumuten. Ihre Annahme ist: Sie müssen beide Sprachformen anbieten, um barrierefrei zu kommunizieren. Jeden Text in die Leichte Sprache übersetzen zu lassen, kostet Geld und Zeit. Also verzichten sie darauf.

Ein gelber Hintergrund aus Papierblättern ausgelegt. In der Mitte eine aus grünem Papier gebastelte Sprechblase. In der Mitte der Sprechblase liegen drei nebeneinanderliegende zusammengebastelte gelbe Kugeln. Als Punkte erkenntlich.

Was ist also die Lösung?

Doch das Problem ist lösbar: Betreiber*innen eines Online-Portals können alle Seiten in Einfacher Sprache gestalten, ohne dass es unangenehm auffällt. Dafür braucht man keinen externen Autoren oder eine externe Autorin. Beim Deutschen Institut für Normung (DIN) entsteht aktuell ein Regelwerk für die Einfache Sprache. Man kann diese Regeln in meinen Workshops lernen. Sie sind kein Hexenwerk. Von Texten in Einfacher Sprache profitieren alle.
Menschen mit kognitiver Einschränkung nehmen die für sie gedachten Texte in Leichter Sprache kaum wahr. Das ist meine Beobachtung. Leichte Sprache-Texte sind auf einer Internet-Seite in der Regel versteckt. Die Links zum Herunterladen von Dokumenten in Leichter Sprache sind für diese Zielgruppe nicht auffindbar. Die Sätze sind kurz. Doch diese zu entdecken, ist voller Hindernisse (Barrieren).

Schlecht lesende Menschen brauchen aktive Hilfe. Wenn dem so ist, kann eine Assistenz beim Verstehen von Texten in Einfacher Sprache behilflich sein. Das ist für die Assistenz in jedem Fall einfacher, als einen Text in schwerer Sprache zu erläutern.

Über den Autor

Uwe Roth ist Journalist und Experte für die barrierefreie Kommunikation. Er ist Mitglied in den Redaktionskreisen für eine DIN Einfache Sprache sowie eine DIN Leichte Sprache. Er hält Vorträge zu den Themen und bietet Workshops an. Er schreibt Blogs auf leichtgesagt.eu.
E-Mail uwe.roth@leichtgesagt.eu.

 

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