Einen Schwerbehindertenausweis erhalten Personen, die körperlich stark eingeschränkt sind – so lautet die gängige Annahme. Was viele jedoch nicht wissen: Auch Menschen mit Demenz können unter Umständen Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis haben, selbst wenn sie physisch keine Beeinträchtigungen aufweisen.
Laut dem Robert Koch-Institut (RKI) leben derzeit etwa 1,7 Millionen Menschen in Deutschland mit Demenz, vor allem in der Altersgruppe über 65 Jahre. Die Zahl der Betroffenen wird in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter steigen, da dann insbesondere die geburtenstarken Jahrgänge dieses Alter erreichen. Das RKI geht davon aus, dass in naher Zukunft bis zu 3 Millionen Menschen an Demenz erkranken könnten.
Besonders Betroffene mit mittlerer oder schwerer Demenz benötigen oft umfassende Unterstützung und Begleitung im Alltag. Die Vergabe des Ausweises hängt vom Umfang der Einschränkungen ab, und es werden spezielle Merkzeichen zugeteilt, die den Anspruch auf verschiedene Nachteilsausgleiche regeln.
Können Menschen mit Demenz noch arbeiten? Das erfahren Sie in unserem Beitrag Demenz und Beruf.
Mit Demenz einen Schwerbehindertenausweis erhalten
Betroffene, die aufgrund ihrer Demenz regelmäßig eine Begleitperson benötigen, da sie nicht mehr eigenständig zurechtkommen oder am öffentlichen Leben teilhaben können, erfüllen eventuell bereits die Kriterien für eine Schwerbehinderung. Schon bei einer mittelschweren Demenz kann ein Behinderungsgrad von mindestens 50 erreicht werden, was einen Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis bedeuten kann. Für die Festlegung des GdB wird vor allem bewertet, wie stark die Krankheit den Alltag beeinflusst. Dabei werden nicht mehrere Erkrankungen summiert, sondern es wird eine Gesamteinschätzung der funktionalen Einschränkungen vorgenommen.
Ab einem GdB von mindestens 50 kann ein Schwerbehindertenausweis ausgestellt werden. Er dokumentiert die Art und das Ausmaß der Behinderung und muss vorgezeigt werden, um diverse Vergünstigungen nutzen zu können.
Vorteile eines Schwerbehindertenausweises
Ein Schwerbehindertenausweis bietet Betroffenen und ihren Angehörigen verschiedene Erleichterungen, darunter:
– kostenlose Mitfahrt einer Begleitperson im Nah- und Fernverkehr
– Ermäßigungen im öffentlichen Verkehr und bei der Kfz-Steuer
– Benutzung von Behindertenparkplätzen
– Steuererleichterungen in Bezug auf durch die Behandlung der Krankheit entstandene Kosten
– Befreiung von Rundfunkgebühren
– Zuschüsse für barrierefreie Wohnraumanpassungen
So beantragen Sie den Schwerbehindertenausweis
In den meisten Bundesländern sind die Versorgungsämter für die Beantragung zuständig, in Nordrhein-Westfalen übernehmen dies die Kreise und kreisfreien Städte. Das Antragsformular kann bei den zuständigen Ämtern oder Bürgerbüros abgeholt oder formlos gestellt werden. Dem Antrag sollten unter anderem Angaben zu bisherigen Erkrankungen und Behandlungen sowie Kopien von ärztlichen Gutachten und dem Betreuungsausweis beigefügt werden. Auf dieser Grundlage stellt das Versorgungsamt den Grad der Behinderung fest und erteilt gegebenenfalls die entsprechenden Merkzeichen.
Ein Schwerbehindertenausweis wird in der Regel für bis zu fünf Jahre ausgestellt. Bei einer Verschlechterung des Gesundheitszustands oder zusätzlichen Erkrankungen kann eine Erhöhung des GdB beantragt werden. Das Versorgungsamt prüft dann, ob ein neuer Ausweis mit aktualisierten Merkzeichen ausgestellt wird.
Wer bietet Unterstützung?
Bei Fragen zu Leistungen für Menschen mit Schwerbehinderung oder Unsicherheiten hinsichtlich der zuständigen Leistungsträger hilft die unabhängige Teilhabeberatung weiter. Adressen finden Sie unter www.teilhabeberatung.de.