Mitten in Hamburg erhebt sich ein beeindruckendes Bauwerk, das nicht nur das Stadtbild verändert, sondern auch weltweit als Modellprojekt für Klimaanpassung gilt: der Bunker St. Pauli. Ursprünglich ein massiver Hochbunker aus dem Zweiten Weltkrieg, ist er heute ein einzigartiges Beispiel für urbane Begrünung. Seit 2019 wurde er um fünf pyramidenartige Stockwerke erweitert und mit 4700 Bäumen, Sträuchern und Kletterpflanzen sowie 16 000 Stauden bepflanzt.
Das Ergebnis: eine 58 Meter hohe grüne Oase mit einem spektakulären Blick über Hamburg.
Ein Garten auf Beton
Die Begrünung des Bunkers ist kein Zufallsprodukt, sondern wurde sorgfältig geplant. Die verwendeten Pflanzen sind robust und stammen aus nordeuropäischen und alpinen Regionen, sodass sie selbst widrigsten Wetterbedingungen standhalten. Ein nachhaltiges Bewässerungssystem sorgt dafür, dass Regenwasser effizient genutzt und die Belastung für die Kanalisation um bis zu 75 Prozent reduziert wird. Um die Windlast zu minimieren, werden große Gehölze unterirdisch verankert, und ein Team aus Landschaftsgärtnern:innen und Industriekletternden übernimmt die Pflege der Anlage.
Mehr als nur grün
Der Bunker St. Pauli ist weit mehr als ein begrüntes Bauwerk. Er bietet öffentliche Räume für Stadtteilkultur, Ausstellungen und Urban Gardening. Zudem gibt es Unterkünfte für Künstler:innen und Stipendiaten:innen, eine moderne Dreifeldhalle für Sport- und Kulturveranstaltungen sowie ein Hotel. Besonders bedeutend ist der neue Erinnerungsort, der an die Opfer des NS-Regimes und die Geschichte des Bunkers während des Zweiten Weltkriegs erinnert. Die Nachbarschaftsinitiative Hilldegarden e. V. hat hier eine zentrale Rolle gespielt und gestaltet die Gedenkräume mit historischen Einblicken.
Ein Bauwerk mit internationaler Strahlkraft
Der Grüne Bunker hat bereits weltweite Aufmerksamkeit erregt. Architekturkritisierende vergleichen das Konzept mit den legendären „Hängenden Gärten von Babylon“ und loben den Mut und die Innovationskraft hinter dem Projekt. Wissenschaftler:innen der TU Berlin untersuchen mit Sensoren, wie die Begrünung das Stadtklima beeinflusst, insbesondere in Bezug auf Verdunstungskälte und Wärmedämmung. Diese Erkenntnisse könnten zukünftig wegweisend für andere Großstädte sein, die nach nachhaltigen Lösungen gegen Hitzeinseln und Luftverschmutzung suchen.
Barrierefreier Zugang zur grünen Aussicht
Ein fünf Meter breiter „Bergpfad“ führt spiralförmig entlang der Fassade bis hinauf zum Dachgarten. Wer diesen Weg nicht gehen kann oder möchte, hat die Möglichkeit, barrierefrei mit dem neuen Außenaufzug nach oben zu gelangen. Oben angekommen, erwartet die Besuchenden nicht nur eine atemberaubende Aussicht auf Elbphilharmonie, Michel und Hafen, sondern auch ein Grünbereich, der zum Verweilen einlädt.
Von der Kriegsruine zum Vorzeigeprojekt
Ursprünglich 1942 als Flakturm IV errichtet, wurde der Bunker nicht nur zur Luftabwehr genutzt, sondern diente auch Zehntausenden Hamburgern:innen als Schutzraum. Nach dem Krieg fanden hier Medienunternehmen eine neue Heimat, darunter auch der NWDR, der 1952 von hier aus die erste Tagesschau ausstrahlte. Später folgten Kultur- und Kreativunternehmen, die bis heute im Bunker ansässig sind.
Ein Gemeinschaftsprojekt mit Herz
Das Konzept des Grünen Bunkers wurde von Beginn an in enger Zusammenarbeit mit der Hamburger Bevölkerung entwickelt. Seit 2014 haben sich Anwohner:innen, Architekten:innen und Investierende zusammengetan, um aus dem grauen Koloss ein lebendiges Stück Stadtgrün zu machen. Finanziert wird das rund 100 Millionen Euro teure Projekt privat durch den Bauherrn Matzen Immobilien KG, der auch die laufende Pflege des Stadtgartens übernimmt.
Mit diesem einzigartigen Projekt zeigt Hamburg, wie innovative Architektur, Klimaschutz und Stadtentwicklung Hand in Hand gehen können. Der Bunker St. Pauli ist nicht nur ein neues Wahrzeichen, sondern auch ein Symbol für eine nachhaltige und lebenswerte Zukunft.